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Knochenmetastasen: Wie lassen sie sich behandeln?

Untersuchung, Quelle: © Alexander Raths - fotolia.com
Quelle: © Alexander Raths - fotolia.com

Krebszellen neigen dazu, sich über Blut- und Lymphgefäße in weitere Organe auszubreiten und dort Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, zu bilden. Ein Organ, in das viele Krebsarten bevorzugt metastasieren, sind die Knochen – vor allem gut durchblutete Knochen wie Wirbelsäule und Becken [1]. Dort können Metastasen (auch Absiedlungen genannt) zu Knochenschmerzen führen und die Stabilität des Knochens beeinträchtigen.

Knochenmetastasen, auch als ossäre Metastasen bezeichnet, bleiben zunächst oft unbemerkt. Bei Knochenschmerzen ist es deshalb wichtig, die Ursachen abklären zu lassen. Denn je früher Knochenmetastasen entdeckt werden, desto besser. Es gibt heute eine Reihe wirksamer Behandlungsmethoden, die nicht nur die Symptome lindern, sondern auch das Wachstum der Metastasen hemmen können.

Was passiert im Knochen?

Krebszellen, die sich in den Knochen ansiedeln, produzieren verschiedene Botenstoffe (Zytokine) und Wachstumsfaktoren. Dadurch werden knochenabbauende (osteolytische) Zellen, die Osteoklasten, stärker stimuliert und das Gleichgewicht zwischen knochenab- und knochenaufbauenden Prozessen zugunsten des Abbaus gestört. Im Unterschied zur Osteoporose, wo dieser Prozess ähnlich abläuft, ist die Knochenzerstörung bei Knochenmetastasen deutlich schneller. Daneben gibt es auch Metastasen, welche die knochenaufbauenden Zellen, die Osteoblasten, vermehrt stimulieren, wodurch es zu einer überschießenden Neubildung von Knochengewebe kommt. Dieses ist jedoch längst nicht so stabil das Gewebe gesunder Knochen [1, 2].

Sowohl bei der osteolytischen als auch bei der osteoblastischen Veränderung des Knochengewebes werden Substanzen aus dem Knochen freigesetzt, wiederum die das Wachstum der Krebszellen systemisch anregen. Der Tumor wächst weiter und neue Metastasen können entstehen [1, 2].

Grundsätzlich kann jeder Tumor im Knochen Tochterzellen absiedeln. Am häufigsten treten Knochenmetastasen aber bei BrustkrebsProstatakrebsLungenkrebs, Schilddrüsenkrebs, Malignem Melanom (Schwarzer Hautkrebs), Nierenkrebs und dem Multiplen Myelom auf. Bei drei Viertel aller Brustkrebs-Patientinnen mit Metastasen werden die Absiedlungen zunächst im Knochen festgestellt [2].

Symptome bei Knochenmetastasen

Knochen der Wirbelsäule, Quelle: © freshidea - fotolia.com
Quelle: © freshidea - fotolia.com

Zu den häufigsten Symptomen von Knochenmetastasen gehören Schmerzen in den befallenen Bereichen. Schlimmstenfalls können die befallenen Knochen brechen, denn die fortschreitende Zerstörung der Knochensubstanz beeinträchtigt die Stabilität. Breiten sich Metastasen im Bereich der Wirbelsäule aus, kann es dort in seltenen Fällen zu Quetschungen des Rückenmarkkanals (Rückenmarkkompression) kommen, was sich in Lähmungen äußern kann [1].

Durch die vermehrte Freisetzung des Kalziums aus dem Knochen kommt es in manchen Fällen zu einem Anstieg der Kalziumspiegel im Blut (Hyperkalzämie), wodurch wiederum zahlreiche Stoffwechselvorgänge beeinträchtigt werden können [1]. Mögliche Symptome einer Hyperkalzämie reichen von Übelkeit und Herzrhythmusstörungen bis hin zu Bewusstlosigkeit [2].

Knochenmetastasen sichtbar machen

Wenn es einen konkreten Verdacht auf Knochenmetastasen gibt, muss dieser gezielt abgeklärt werden. Mit Ausnahme des Multiplen Myeloms eignet sich für die Erkennung von Knochenmetastasen die sogenannte Skelettszintigrafie (Ganzkörperknochenszintigrafie) besonders gut. Bei der Untersuchung wird eine schwach radioaktive Substanz in die Armvene gespritzt. Diese Substanz reichert sich schnell im Knochen an – in stark durchbluteten Bereichen wie etwa einer Metastase stärker als an anderen Stellen. Nach zwei bis drei Stunden macht der Arzt/die Ärztin mit einer sogenannten Gammakamera mehrere Aufnahmen des gesamten Körpers einschließlich des Kopfes. Die Kamera registriert, an welchen Stellen des Skeletts sich besonders viel der gespritzten Substanz angelagert hat und wo demzufolge Metastasen zu vermuten sind. Das Verfahren hat eine hohe Treffsicherheit und ist gut geeignet, um eine beginnende Metastasierung zu orten. Es wird aber auch für die Verlaufskontrolle bei bereits bekannten Knochenmetastasen eingesetzt [1].

Da auch andere Erkrankungen des Knochens auf dem Szintigramm erkennbar sein können bzw. da die Skelettszintigraphie nicht immer ausreicht, um Knochenmetastasen sicher zu diagnostizieren , schließen sich meist weitere bildgebende Untersuchungen wie Röntgen, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) an [1, 2]. Anhand von Schnittbildverfahren (Tomografien) ist der Arzt zusätzlich in der Lage, auch innere Organe, Muskeln und Nerven zu beurteilen.

Therapie von Knochenmetastasen

Die Therapie von Knochenmetastasen erfordert ein sogenanntes interdisziplinäres Behandlungskonzept, d.h. es werden Radiolog*innen, Onkolog*innen, Nuklearmediziner*innen und möglicherweise Strahlentherapeut*innen und Chirurg*innen zusammen die Behandlung steuern. Die Therapie wird durch die Muttergeschwulst als Ausgangsort, das Beschwerdebild, die Lage der Metastasen, mögliche Vortherapien und den Allgemeinzustand der Patient*innen bestimmt.

Es gibt eine Reihe von wirkungsvollen Behandlungen bei Knochenmetastasen. Bei manchen wird der Krebs direkt behandelt und damit auch die Knochenmetastasen, andere zielen nur auf die befallenen Stellen im Knochen ab. In den meisten Fällen geht es darum, Beschwerden wie Schmerzen zu lindern und Komplikationen wie Knochenbrüche zu verhindern. Seltener, etwa bei malignen Lymphomen, wird der Knochenabbau mit dem Ziel der Heilung behandelt [1, 2].

Welche Therapien im Einzelfall in Frage kommen, hängt unter anderem davon ab, um welche Tumorart es sich handelt, wie ausgedehnt der Knochenbefall ist, welche Beschwerden er verursacht und wie der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten/der Patientin ist.

Die wichtigsten (etablierten) Behandlungen sind die Bestrahlung, die Hormontherapie, die Chemotherapie, die Bisphosphonat-Therapie, die Antikörper-Therapie und die chirurgische Therapie [1].

Strahlengerät, Quelle: © Alex Tihonov - fotolia.com
Quelle: © Alex Tihonov - fotolia.com

Bestrahlung

Sehr effektiv gegen Knochenmetastasen wirkt die Strahlentherapie. Da sie gezielt eingesetzt werden kann, ist sie vor allem bei lokalisiertem Knochenschmerz die Therapie der Wahl. Patient*innen werden dabei in der Regel perkutan, also durch die Haut, bestrahlt [1]. Wirksam sind Einzeldosenbestrahlungen ebenso wie eine Strahlentherapie in mehreren Sitzungen (fraktionierte Strahlentherapie). Unter Umständen kommt auch die sogenannte Radionuklidtherapie zum Einsatz, bei der radioaktiv markierte Medikamente verabreicht werden, die sich ich in den Tumorzellen anreichern und schwache Strahlung in das naheliegende Tumorgewebe abgeben [1].


Hormontherapie

Manche Krebsarten brauchen Geschlechtshormone um wachsen zu können. Mit einer Antihormontherapie, welche die Produktion dieser Hormone hemmt, kann der Tumor „ausgehungert“ werden. Dies gilt nicht nur für den Primärtumor, sondern auch für die Metastasen in Knochen und anderen Organen. Eine Hormontherapie setzt somit nicht allein am Knochen an, sondern beeinflusst alle Krebszellen im Körper. Sie zählt deshalb zu den „systemischen“ Therapien [1].

Chemotherapie

Knochenmetastasen lassen sich auch durch eine Chemotherapie bekämpfen. Ob und welche Chemotherapie eingesetzt wird, hängt von Art und Wachstumsgeschwindigkeit des Tumors, von den Beschwerden, dem Allgemeinzustand des Patienten/der Patientin und seiner/ihrer bisherigen Behandlungsgeschichte ab. Bei hormonrezeptor-negativem Brustkrebs etwa kann eine Chemotherapie eingesetzt werden, wenn eine antihormonelle Therapie nicht den gewünschten Erfolg bringt [3].

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Antiresorptive Therapie

Bisphosphonate wie Clodronat, Pamidronat, Ibandronat, oder Zoledronsäure und Denosumab, ein Wirkstoff aus der Klasse der zielgerichteten Therapien, hemmen die knochenabbauenden Osteoklasten und können auf diese Weise den durch Metastasen bedingten Knochenabbau verhindern. Man spricht deshalb von einer gegen den Knochenabbau gerichteten oder auch antiresorptiven Therapie [2,3].

Biphosphonate ähneln einem Baustein des Knochens, wodurch sie sich an die Knochenoberfläche anlagern. Sie bleiben so über lange Zeit (Monate bis Jahre) im Knochengewebe gespeichert [3].

Der Antikörper Denosumab hemmt ein Eiweiß, das für die Bildung, Funktion und das Überleben von knochenabbauenden Zellen wichtig ist. Dieses Eiweiß heißt RANK-Ligand, weshalb Denosumab RANK-Ligand-Hemmer genannt wird [2]. Denosumab verteilt sich gleichmäßig im gesamten Skelett und kann somit in allen Knochenbereichen wirken. Im Gegensatz zu den Biphosphonaten wird der Antikörper jedoch nicht im Knochengewebe gespeichert [3].

Sowohl Bisphosphonate als auch Denosumab verzögern bei Knochenmetastasen das Auftreten von Knochenkomplikationen, lindern Symptome und verbessern die Lebensqualität. Nach bisherigen Erkenntnissen wirkt Denosumab dem Knochenabbau effektiver entgegen als Bisphosphonate [4].

OP, Quelle: © chagin - fotolia.com
Quelle: © chagin - fotolia.com

Chirurgische Therapie

Für bestimmte Körperregionen kommt auch ein chirurgischer Eingriff in Frage – beispielsweise, wenn die Wirbelsäule betroffen ist oder wenn ein Knochenbruch droht oder bereits eingetreten ist [1,2]. Die operative Standardtherapie bei Wirbelkörpereinbrüchen besteht in einer Stabilisierung des Wirbelkörpers: Ein spezieller Knochenzement wird in die Bruchstelle eingespritzt (Kyphoplastie). Anschließend wird er von außen zwei bis vier Wochen lang bestrahlt. Chirurgische Verfahren kommen auch zum Einsatz, wenn Knochenmetastasen Lähmungen oder sehr starke Schmerzen verursachen [5,6].

Minimalinvasive chirurgische Verfahren stehen für die Behandlung von Schmerzen ebenfalls zur Verfügung, falls z.B. eine Strahlentherapie nicht möglich ist. Ein solches Verfahren, das speziell für die Wirbelsäule und den Knochen entwickelt wurde nennt sich gezielte Radiofrequenz-Ablation (f-RFA): Metastasen werden von innen erhitzt, abgetötet und gleichzeitig der Knochen mit speziellem Zement wieder stabilisiert [7]. Auch die Kypho-IORT (eine intraoperative Radiotherapie [Bestrahlung während des chirurgischen Eingriffs] und anschließende Stabilisierung des Wirbelkörpers) zählt zu den neuen minimalinvasiven Verfahren, die in den letzten Jahren entwickelt wurden. [8]

Schmerzen effektiv bekämpfen

Knochenmetastasen können teilweise mit starken Schmerzen verbunden sein. Deshalb ist es wichtig, diese frühzeitig zu bekämpfen. Welches Schmerzmittel das richtige ist, wird der Arzt/die Ärztin patient*innenindividuell entscheiden. Mehr zum Thema Schmerzen bei Krebs erfahren Sie in unserem Dossier.

 

(red)

 

Quellen:

[1] Knochenmetastasen bei Krebs – Entstehung, Diagnose und Behandlung. Stand: 06/2022. Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungsinstituts (DKFZ). Abrufbar unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/metastasen/knochenmetastasen/index.php. Letzter Zugriff: 29.07.2022

[2] Behandlung von Knochenmetastasen. Stand: 05/2021. Leben mit Brustkrebs. Abrufbar unter: https://www.leben-mit-brustkrebs.de/wissen/behandlung/knochenmetastasen. Letzter Zugriff: 29.07.2022

[3] Bisphosphonate und Denosumab bei Krebs: Knochen-stabilisierende Therapie. Stand: 12/21. Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungsinstituts (DKFZ). Abrufbar unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/behandlung/bisphosphonate-denosumab-krebs-knochen-therapie.php. Letzter Zugriff: 29.07.2022

[4] Menshway A, et al. Denosumab versus bisphosphonates in patients with advanced cancers-related bone metastasis: systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Support Care Cancer. 2018 Apr;26(4):1029-1038.

[5] Börderlein Wahl, I.: Knochenmetastasen erfordern interdisziplinäre Therapie. MamazoneMag, Juni 2015: 6-8.

[6] Kröber, M.: Neue Therapie erlöst Patientinnen von Metastasen an der Wirbelsäule. MamazoneMag, Juni 2015:10-11.

[7] Radiofrequenzablation (RFA) – Schmerztherapie bei Tumoren an der Wirbelsäule. Marienkrankenhaus Hamburg. Abrufbar unter: https://www.marienkrankenhaus.org/kliniken-experten/kliniken/unfallchirurgie-orthopaedie-handchirurgie/radiofrequenz-ablation/. Letzter Zugriff: 29.07.2022

[8] Wenz F, et al. Kypho-IORT – a novel approach of intraoperative radiotherapy during kyphoplasty for vertebral metastases. Radiat Oncol. 2010; 5: 11.

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 29.07.2022

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