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Das Plattenepithelkarzinom (Spinaliom)

Nach dem Basalzellkarzinom ist das Plattenepithelkarzinom der Haut (auch Spinaliom, Stachelzellkarzinom) der zweithäufigste bösartige Hauttumor, es macht etwa ein Viertel der nicht-melanotischen oder hellen Hautkrebstumoren aus. Plattenepithelkarzinome der Haut entstehen zumeist in chronisch sonnenexponierten Arealen, in mehr als der Hälfte der Fälle betreffen sie den Kopf oder Hals, seltener die Hände, Unterarme oder Beine. Plattenepithelkarzinome der Haut wachsen, wenn sie nicht behandelt werden, in das Gewebe ein und zerstören es dabei. Zwar bilden sie nur selten (in ca. 5 % aller Fälle) Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, doch ist eine Metastasierung prinzipiell möglich.

Betroffen sein können die Haut, die Lymphknoten und die Lunge, sehr selten die Leber, das Gehirn oder die Knochen. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts erkrankten im Jahr 2014 in Deutschland 29.300 Männer und 20.100 Frauen an einem Plattenepithelkarzinom der Haut [1]. Die Häufigkeit dieses Tumors ist in den letzten 30 Jahren um das Vierfache gestiegen. Das Risiko für die Erkrankung nimmt mit dem Alter zu. Im Jahr 2016 erkrankten beispielsweise 21 % der über 65-Jährigen an einem Plattenepithelkarzinom, aber die Heilungschancen sind gut.

Welche Ursachen und Risikofaktoren hat das Plattenepithelkarzinom?

Der wichtigste Risikofaktor für Plattenepithelkarzinome der Haut ist das UV-Licht, wobei offenbar die Menge der Sonnenexposition im Laufe eines Lebens ("UV-Lebenszeitkonto") eine wichtige Rolle spielt. Besonders betroffen sind deshalb Personen, die im Freien arbeiten oder sich in ihrer Freizeit viel in der Sonne aufhalten. Ein erhöhtes Risiko haben zudem Menschen mit einem hellen Hauttyp, weil ihre Haut empfindlicher auf die Sonne reagiert.

Ebenfalls gefährdet sind Personen mit geschwächtem Immunsystem, etwa in Folge einer Krankheit oder bei einer medikamentösen Therapie wie nach einer Organtransplantation. Die Therapie, die notwendig ist, um eine Abstoßung des Organs zu verhindern, unterdrückt das Immunsystem, dadurch können UV-bedingte Zellschäden der Haut nicht mehr oder nur noch unzulänglich repariert werden.

Plattenepithelkarzinome entwickeln sich vorwiegend auf dem Boden schwer lichtgeschädigter Haut. Ihren Ausgangspunkt können sie in sogenannten aktinischen Keratosen nehmen, die als Krebsvorstufe gelten. In selteneren Fällen entstehen Plattenepithelkarzinome der Haut auch aus chronischen Wunden, Verbrennungsnarben oder anderen Hauterkrankungen.

Das Aussehen von Plattenepithelkarzinomen

Das Erscheinungsbild von Plattenepithelkarzinomen der Haut gleicht im Anfangsstadium oft dem der aktinischen Keratose. Es zeigt sich ein vielgestaltiges klinisches Bild, abhängig vom Entwicklungsstadium, Ort und dem Typ des Tumors (siehe Abbildungen). Häufig findet sich ein verhorntes Knötchen bzw. eine verhornte, leicht erhabene Plaque. Fortgeschrittene Primärtumoren manifestieren sich oft als blutende, mitunter mit den Umgebungsstrukturen verbackene Knoten oder über das Hautniveau hinaus wachsende Tumoren. Diese können durch Bakterien besiedelt sein. 80 % der Tumoren treten in chronisch lichtgeschädigten Bereichen auf.

Beispiel eines Plattenepithelkarzinoms an der Lippe

Beispiel eines Plattenepithelkarzinoms an der Wange (Hochrisikotumor)

Plattenepithelkarzinom an der Lippe
Quelle: © Klinik für Dermatologie
und Dermatologische Allergologie
der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Plattenepithelkarzinom - Hochrisikotumor an der Wange
Quelle: © Universitäts-Hautklinik Tübingen

Welche Untersuchungen werden beim Plattenepithelkarzinom durchgeführt?

Um die Diagnose Plattenepithelkarzinom stellen zu können, muss aus dem verdächtigen Hautfleck Gewebe entnommen und feingeweblich (histologisch) unter dem Mikroskop untersucht werden. Wie das Gewebe entnommen wird, hängt unter anderem von der Größe des Tumors ab. Ab einer Tumordicke von mehr als 2 mm erfolgt darüber hinaus eine Ultraschalluntersuchung der benachbarten Lymphknoten, um zu ermitteln, ob sie bereits von Krebszellen befallen sind. Nur bei größeren Tumoren, die weit in das Gewebe einwachsen oder sich bereits in die Lymphknoten ausgebreitet haben, sind weitere bildgebende Untersuchungen wie eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) nötig, um das Ausmaß der Ausbreitung festzustellen.

Bestimmung des Krankheitsstadiums

Wie beim malignen Melanom erfolgt beim Plattenepithelkarzinom eine Einstufung des Tumorstadiums nach der TNM-Klassifikation. Die Ziffern hinter den Buchstaben geben genauere Hinweise auf die Ausdehnung des Tumors (T1–4), die Zahl und Lage der befallenen Lymphknoten (N0 und N1) und das Vorhandensein oder Fehlen von entfernten Metastasen (M0 und M1). Tis steht für das früheste, noch sehr oberflächliche, begrenzte Tumorwachstum. Wenn die Ärztin oder der Arzt beim Plattenepithelkarzinom beispielsweise das Stadium "T1 N0 M0" vermerkt, handelt es sich um einen Tumor mit einer maximalen Ausdehnung von höchstens 2 cm ohne Lymphknotenbefall und Metastasen in entfernten Organen. Die hieraus resultierenden Tumorstadien reichen vom Stadium 0 (Tis-Tumor ohne Lymphknotenbefall und Metastasen in entfernten Organen) über Stadium I (Tumor in größter Ausdehnung höchstens 2 cm ohne Lymphknotenbefall und Metastasen in entfernten Organen) bis hin zu Stadium IV (Metastasen in entfernten Organen oder besonders großer Tumor). Hat ein Plattenepithelkarzinom im Kopf-Halsbereich eine Tumordicke von 6 mm oder mehr, liegt das Stadium III vor.

Behandlungsmöglichkeiten des Plattenepithelkarzinoms

Je früher Plattenepithelkarzinome der Haut erkannt und behandelt werden, desto besser ist die Prognose. Tumoren mit einer Tumordicke von < 2 mm metastasieren nicht. Selten, in ca. 5 % der Fälle, gibt es eine Metastasierung, wenn eine Tumordicke von2 bis 6 mm vorliegt. Daher bestehen bei Plattenepithelkarzinomen der Haut grundsätzlich gute Heilungschancen. Die meisten Plattenepithelkarzinome werden früh erkannt und können gut behandelt werden. Wenn sich Metastasen gebildet haben, ist die Prognose ungünstiger. Auch ein geschwächtes Immunsystem, wie z. B. bei Leukämien und Lymphomen oder nach einer Organtransplantation, verschlechtert die Prognose. Bei immunsupprimierten Patientinnen und Patienten sind aggressivere, schnell wachsende und metastasierende Tumoren mit ca. 16–20 % der Fälle deutlich häufiger.

Die Behandlung richtet sich unter anderem nach der Ausbreitung des Tumors. Standardtherapie ist die vollständige operative Entfernung. Ist sie nicht möglich, etwa weil der Tumor zu groß ist oder ungünstig liegt oder sich die Patientin oder der Patient in einem schlechten Allgemeinzustand befindet, der eine Operation unmöglich macht, wird die Strahlentherapie empfohlen.

Wenn bei der Operation nicht das gesamte Tumorgewebe entfernt werden konnte oder wenn mehr als drei Lymphknoten befallen sind, wird eine unterstützende, sogenannte adjuvante Strahlentherapie nach der Operation empfohlen.

Fortgeschrittene Plattenepithelkarzinome

Als fortgeschrittene Plattenepithelkarzinome werden Tumoren bezeichnet, die durch eine Lokaltherapie mittels Operation oder Bestrahlung nicht mehr behandelbar sind. Hier wird zwischen lokal fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen, die sehr groß und in ihre Umgebung tief eingewachsen sind, und metastasierten Plattenepithelkarzinomen unterschieden. Bei fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen der Haut gibt es keine Standardtherapie. In der interdisziplinären Tumorkonferenz muss deshalb im Einzelfall beraten werden, welche Behandlungsmöglichkeiten infrage kommen. Bei einzelnen Metastasen kann eine Operation von Vorteil sein. Eine systemische Behandlung sollte beim Plattenepithelkarzinom der Haut vorzugsweise im Rahmen von klinischen Studien erfolgen [2].

Durch die Zulassung des PD-1-Antikörpers Cemiplimab im Jahr 2019 hat sich das Spektrum der Systemtherapie erweitert. Bei Cemiplimab handelt es sich nicht nur um die derzeit einzige zugelassene Substanz zur Behandlung des fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinoms der Haut, mit dieser Substanz wird auch ein langes Ansprechen bei einer Ansprechrate von 44 bis 50 % erreicht. Für zum Beispiel organtransplantierte Patientinnen und Patienten, die für eine immunstimulierende Therapie mit Checkpoint-Blockern nicht oder nur sehr eingeschränkt in Frage kommen, gibt es wenig neue therapeutische Entwicklungen. In diesen Fällen können Wirkstoffe, die den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor ("epidermal growth factor receptor", EGFR) blockieren, oder verschiedene Chemotherapie-Regime eingesetzt werden.

Nachsorge

Wie häufig die Nachsorgeuntersuchungen stattfinden müssen, hängt vom individuellen Risiko der Patientin oder des Patienten ab. Wenn der Tumor durch die Operation vollständig entfernt werden konnte, gelten die Zeitabstände, wie sie in der ersten Zeile der untenstehenden Tabelle festgehalten sind [1].

Bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren, die unter der Behandlung tumorfrei geworden sind, werden die Nachsorgeintervalle und die Untersuchungen individuell festgelegt. In der Regel werden in den ersten drei Jahren vierteljährlich klinische Untersuchungen und ein Lymphknotenultraschall sowie bildgebende Untersuchungen empfohlen.

Darüber hinaus sind alle Patientinnen und Patienten angehalten, regelmäßig die Haut selbst zu untersuchen oder sich von einem Partner untersuchen zu lassen. Patientinnen und Patienten mit mehreren Plattenepithelkarzinomen der Haut und Erkrankte mit geschwächtem Immunsystem sollten zudem ihre Haut besonders sorgsam vor der Sonne schützen. Für sie werden lebenslang alle 6–12 Monate Nachsorgeuntersuchungen empfohlen.

 

Risiko

Jahr 1-2

Jahr 3-5

Jahr 6-10

gering bis mittel

alle 6 Monate

jährlich

 

hoch

alle 3 Monate

alle 6 Monate

jährlich

 

Literatur:

[1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut, Langversion 1.0, 2019, AWMF Registernummer: 032/022OL, https://www. leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/ aktinische-keratosen-und-plattenepithelkarzinom- der-haut/ (Abruf am: 10.03.2020)
[2] Gambichler T & Susok L: Fortgeschrittene Basalzell- und Plattenepithelkarzinome der Haut Aktuelle systemische Therapieoptionen. best practice onkologie 2019, 14(6):262-71

 

(kvk)

Fachliche Beratung: Frau Prof. Dr. med. Ulrike Leiter-Stöppke

Fachärztin für Dermatologie und Venerologie, Medikamentöse Tumortherapie und Palliativmedizin im Zentrum für Dermatoonkologie an der Universitäts-Hautklinik Tübingen

Sie ist Leiterin der Sprechstunde epitheliale Hauttumore, die für Patienten mit nicht-melanozytärem, epithelialem Hautkrebs, sprich dem hellem Hautkrebs, gedacht ist. Obwohl der weiße Hautkrebs, wenn frühzeitig erkannt, gute Heilungschancen hat, geht es hier in erster Linie um Patienten, die ein erhöhtes Risiko der Metastasierung haben. Patienten mit epithelialem Hautkrebs erhalten Nachsorgeuntersuchungen anhand der aktuellen Leitlinienempfehlungen.

Letzte inhaltliche Aktualisierung am 07.08.2020

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Zuletzt aufgerufen am: 28.03.2024 15:56