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Eierstockkrebs, Ovarialkarzinom - Besonderheiten

Spätfolgen der Behandlung

Die Behandlung von Eierstockkrebs ist in der Regel mit der operativen Entfernung von Gebärmutter sowie Eileitern und Eierstöcken verbunden. Dieser Eingriff ist besonders bei jungen Frauen einschneidend, wenn noch ein Kinderwunsch besteht: Eine Schwangerschaft ist nach der Behandlung nicht mehr möglich. Organerhaltende Operationen mit der Möglichkeit, später noch schwanger zu werden, sind in bestimmten Fällen bei kleinen Tumoren und im frühen Stadium der Erkrankung möglich.

Durch den Verlust der Eierstockhormone wird die Frau zudem, wenn sie vor dem Eingriff noch Monatsblutungen hatte, frühzeitig in die Wechseljahre versetzt. Die Folge sind typische Wechseljahresbeschwerden.

Infolge der Behandlung kann es außerdem zu Vernarbungen und Verklebungen im Bauchinnenraum kommen. Schmerzen im Bauch- und Rückenbereich sowie beim Geschlechtsverkehr können die Folge sein. Selten treten Beeinträchtigung der Blasenfunktion (Harninkontinenz) auf. Eine Verkürzung und/oder Verengung der Scheide ist sehr selten.

Nach einer Chemotherapie halten die Nebenwirkungen wie z.B. Gefühlsstörungen an den Füßen und Händen oder Konzentrationsschwäche und Abgeschlagenheit manchmal noch über Wochen, seltener auch über Monate an.

Das Fatigue oder Erschöpfungssyndrom hat meist mehrere Ursachen. Zum einen ist es durch die seelische und körperliche Belastung durch die Erkrankung, zum anderen durch die Anstrengungen der Therapie bedingt. Hier kann eine gezielte Anleitung zu Ausdauer- und Krafttraining entgegenwirken. Patientinnen mit einer Krebserkrankung haben Anspruch auf ein Bewegungsrezept. Krankengymnastik wird von den Krankenkassen erstattet und in vielen Fällen wird ein Training in einem Fitnessstudie anteilig übernommen.

Ist die Krebserkrankung sehr weit fortgeschritten, kann es in sehr seltenen Fällen notwendig sein, auch Nachbarorgane wie Harnblase, Teile vom Darm und Scheide zu entfernen (große Beckenoperation). Eine Operation dieser Art ist sehr einschneidend. Durch die Operation wird es manchmal nötig, künstliche Ausscheidungswege zu schaffen: z.B. einen für den Stuhlgang (Kolostoma) und/oder einen anderen für den Urin (Urostoma). Die Scheide kann durch Verpflanzung (Transplantation) von Haut- oder Haut-Muskelteilen von anderen Körperstellen wieder aufgebaut werden. Obwohl es nicht leicht ist, mit einer solchen Belastung zurechtzukommen, können Frauen im Laufe der Zeit wieder sexuelles Vergnügen empfinden. Die wichtigen Lustspender Kitzler (Klitoris) und Schamlippen sind bei der Operation nicht betroffen.

Die Folgen der Krebserkrankung stellen für viele Frauen eine große körperliche und seelische Belastung dar. Der Organverlust und die Auswirkungen auf die Sexualität können erhebliche Auswirkungen auf Selbstverständnis und Selbstwertgefühl haben.

Das offene Gespräch und die Unterstützung durch den Partner können wesentlich dazu beitragen, dass trotz einer möglicherweise auftretenden funktionellen Einschränkung eine liebevolle und auch sexuell befriedigende Partnerschaft möglich ist. Therapeutische Gespräche, die Unterstützung durch eine Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe helfen, sich mit der veränderten Situation zurechtzufinden.

Im Folgenden werden mögliche Folgeerscheinungen der Behandlung und deren Auswirkungen auf die Sexualität im Einzelnen aufgeführt.

Verlust der Gebärmutter

Eine Entfernung der Gebärmutter schränkt, rein körperlich gesehen, das sexuelle Empfinden der Frau nicht ein. Auch wenn die Scheide etwas verkürzt werden muss, sind die für das sexuelle Lustempfinden wichtigen Bereiche (Klitoris, Schamlippen und Scheideneingangsbereich) genauso funktionsfähig wie vorher. Die Fähigkeit, einen Orgasmus zu bekommen, bleibt erhalten.

Für viele Frauen ist es vor allem ein psychologisches Problem, keine Gebärmutter mehr zu haben. Sie fühlen sich nicht mehr als „ganze Frau“, weil sie unbewusst oder bewusst das Frausein mit der Fähigkeit, eine Schwangerschaft auszutragen, gleichsetzen. Wichtig ist, offen über Gefühle, Sorgen und Ängste zu sprechen. Sei es mit dem oder der Partnerin, einem in der Krebsbehandlung erfahrenen Psychologen (Psychoonkologe) oder mit Frauen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Der beziehungsweise die eigene Ärztin und die regionale Krebsgesellschaft helfen dabei, eine geeignete Beratung zu finden.

Vorzeitiges Eintreten der Wechseljahre

Durch die Entfernung der Eierstöcke im Rahmen der Krebsbehandlung wird die Frau, wenn sie vor dem Eingriff noch Monatsblutungen hatten, in die Menopause versetzt. Unter Menopause versteht man in der Fachsprache den Zeitpunkt, an dem die Monatsblutung zum letzten Mal auftritt. Normalerweise geschieht dies etwa in der Mitte der Wechseljahre, also etwa im Alter von 52 Jahren.

Der Verlust der Eierstockhormone macht sich vor allem durch Hitzewallungen und Trockenheit der Scheide bemerkbar. Auch Schlafstörungen, eine Neigung zu Schweißausbrüchen, Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme sind typische Wechseljahresbeschwerden. Folgen des Östrogenmangels sind ferner ein erhöhtes Risiko für vermehrte Knochenentkalkung (Osteoporose). Die Beschwerden sind von Frau zu Frau unterschiedlich stark ausgeprägt.

Vor allem aber führen die körperlichen Beschwerden durch die Operation und die Chemotherapie und die zusätzliche seelische Belastung durch die Diagnose „Krebs“ dazu, dass viele Frauen ein geringes Interesse an Sexualität haben und darunter leiden.

Die Beschwerden und negativen körperlichen Folgen des Östrogenmangels können in vielen Fällen durch die Einnahme von Medikamenten oder Anwendung von Hormonpräparaten (Gele, Pflaster, Pillen, Spritzen oder Vaginalcremes) gelindert werden. Manchmal raten Ärzte von Hormonpräparaten ab, weil der Tumor durch Hormone im Wachstum gefördert werden kann. In diesem Fall gibt es andere Mittel ohne Hormonwirkung. Gegen Scheidentrockenheit können z.B. Gleitcremes helfen. Ein Gespräch mit dem oder eigenen Ärztin bringt meist eine Lösung. Insbesondere bei psychischer Belastung sollten Betroffene sich nicht scheuen, professionelle Hilfe zu suchen. Diese steht ihnen in jedem Zentrum, das für die Krebsbehandlung zertifiziert ist, zur Verfügung.

Harninkontinenz

Bei wenigen Frauen treten nach einer Eierstockkrebsoperation Probleme mit dem Wasserlassen auf. Ein häufiges Problem besteht dann darin, dass geringe Urinmengen unkontrolliert austreten, weil die Funktion des Schließmuskels oder der Blasenmuskulatur durch die Behandlung beeinträchtigt ist (Inkontinenz). Die Angst, ungewollt Urin zu lassen, kann sehr belastend sein. In der Regel handelt es sich jedoch nur um eine vorübergehende Störung, die durch eine konsequente Medikamentenbehandlung und/oder Beckenbodengymnastik behoben werden kann. Ärzt*innen können Betroffenen krankengymnastische Behandlungen mit gezielten Übungen verordnen, die sie später selbständig ausführen können. Der unkontrolliert abgehende Urin kann bis zur Wiedererlangung der Kontinenz in saugfähigen Einlagen aufgefangen werden.

Künstlicher Blasenausgang (Urostoma)

Nach einer – nur sehr selten erforderlichen – Blasenentfernung bildet der Arzt für die Ausleitung des Harns einen neuen Körperausgang. Oft geht der Weg durch die Bauchdecke. Die künstliche Öffnung für den Harn heißt in der Fachsprache „Urostoma“. Es gibt trockene und nasse Urostomata. Bei einem trockenen Urostoma bestehen die „Sammelbeutel“ für den Urin aus Dünndarmschlingen; sie liegen im Innern des Körpers und müssen alle drei Stunden entleert werden. Bei einem nassen Urostoma befindet sich ein Urinbeutel an der Körperoberfläche. Wenn der Urinbeutel richtig sitzt, gibt es in praktischer Hinsicht kein großes Hindernis beim Geschlechtsverkehr. Es hilft vor dem intimen Zusammensein zu prüfen, ob der Beutel dicht ist und zusätzlich den Urin zu entleeren. Bei entsprechender Vorbereitung sollte ein Urostoma das Intimleben nicht behindern.

Künstlicher Darmausgang (Kolostoma)

Wenn – in seltenen Fällen – der Mastdarm und mit ihm der Schließmuskel am Darmausgang entfernt wird, ist der natürliche Weg für die Stuhlentleerung nicht mehr möglich. Für den Darm muss dann ein neuer Ausgang in der Bauchwand („Anus präter“, „Stoma“) geschaffen werden. Der Darminhalt entleert sich durch den künstlichen Ausgang entweder kontinuierlich in einen Plastikbeutel (Kolostomiebeutel), der am Körper getragen wird, oder aber nach einer Darmspülung, die der Patient täglich durchführen muss.

Damit der Stomabeutel beim Intimverkehr nicht stört, kann man ihn kurzzeitig durch einen Minibeutel ersetzen oder eine Stomakappe anlegen. Mit einer Leibbinde oder mit einem Hemd kann der Minibeutel am Körper gehalten werden.

Wenn die Frau den Stuhl alle 24 bis 48 Stunden durch Einspülen von Flüssigkeit (Irrigation) entleert, kann sie die Zeit für den Geschlechtsverkehr so legen, dass sie üblicherweise zu dieser Zeit stuhlfrei ist. Zwischen zwei Stuhlentleerungen wird lediglich die Stomaöffnung verschlossen.

Wie wirkt sich ein Stoma auf die Sexualität aus?

Ein künstlicher Darm- oder Blasenausgang kann das Intimleben stark beeinflussen. Scham und Minderwertigkeitsgefühle können auftreten. Für Erwachsene ist das Thema Urin und Stuhlgang in der Regel ein Tabu. Damit muss sich ein Stomaträger jedoch auseinandersetzen. Das Ignorieren dieser doch häufig sehr einschneidenden Veränderung führt dazu, dass die Probleme sich auf Dauer zuspitzen. Hilfe bieten z.B. psychosoziale Beratungsstellen.

 

(red)

Quelle:
[1] S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren - Version 5.0 Leitlinienprogramm Onkologie. 2021. Abrufbar unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/ovarialkarzinom/ Letzter Zugriff: 09.12.2021

 

Prof. Schmalfeldt Fachberatung Eierstockkrebs Basisinformationen
Quelle: © UKE Hamburg

Fachliche Beratung

Prof. Dr. med. Barbara Schmalfeldt ist Klinikdirektorin und stellvertretende Zentrumsleitung, Leiterin des gynäkologischen Krebszentrums sowie  Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtenhilfe im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Ihr Schwerpunkt ist die spezielle operative Gynäkologie, die Gynäkologische Onkologie und spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin.
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 25.02.2022

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Zuletzt aufgerufen am: 28.03.2024 15:56