Bitte beachten Sie, dass Texte, die älter als 2 Jahre sind, sich in der Überarbeitung befinden und gegebenenfalls nicht den aktuellen wissenschaftlichen Stand wiedergeben.

Angaben zum Autor, Fachberater und Erstelldatum finden Sie am Ende des Beitrages.

Bewegung hilft bei der Krebstherapie

Läuferin
Quelle: © LMproduction - fotolia,com

Dass körperliche Aktivität und eine Krebserkrankung sich nicht gegenseitig ausschließen, ist inzwischen ein alter Hut. Erwiesenermaßen beugt Bewegung nicht nur vor, sondern hat auch therapeutische Wirkungen und verbessert die Lebensqualität. Ein ganz wichtiger Punkt: Bewegungstherapie gehört nicht nur in die Reha und die Vorsorge, sondern sollte ab dem Moment der Diagnose therapiebegleitend eine wichtige Rolle spielen. [4] Doch wie sieht es in der Praxis aus? Welche Bewegungsformen empfehlen sich in welchem Ausmaß bei welcher Therapie? Aktuell werden immer mehr Studien zu diesem Thema durchgeführt. Das Wohlbefinden der Patient*innen während und nach der Therapie steht dabei im Mittelpunkt.

Was muss beachtet werden?

Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Bewegungsinterventionen sind während einer Krebstherapie in vielen Fällen durchaus machbar. Er kann Nebenwirkungen verringern und die Regenerationszeit verkürzen. „Das kann darüber entscheiden, ob beispielsweise ein Patient eine Chemotherapie wie geplant durchhält, und trägt somit indirekt auch zum Heilungserfolg bei.“, berichtet Karen Steindorf in der Sonderpublikation Einblick des Deutschen Krebsinformationszentrums. [7]

Zuerst muss allerdings geklärt werden, in welchem Rahmen sich die körperliche Verfassung der Patient*innen bewegt. Dazu werden Kriterien wie die Art des Tumors, die Nebenwirkungen der Therapie und der Behandlungsort – ambulant oder stationär -  herangezogen. Erreicht werden sollen eine bessere Lebensqualität, ein (schneller) wieder erlangtes Körpergefühl sowie die Verringerung der Nebenwirkungen. In manchen Fällen sollte jedoch auf anstrengendere Bewegungsinterventionen verzichtet werden, beispielsweise bei frischen OP-Narben, instabilen Knochenmetastasen, laufender Bestrahlung der Herzgegend oder einfach in den ersten 24 Stunden nach der Gabe einer kardiotoxischen Chemotherapie. Auch akute Erkrankungen wie Durchfall, Entzündungen, asthmatische Anfälle, hoher Blutdruck oder Infekte schließen anstrengende Betätigungen aus. Hier kann es unter Umständen mehr Schaden als Nutzen bringen. Bevor mit dem Training begonnen wird, sollte die Sporttauglichkeit im Rahmen eines Gesundheitschecks deshalb ärztlich bestätigt werden.

Die Auswahl der entsprechenden Bewegung erfordert Vorwissen, daher ist es unabdingbar, die körperlichen Betätigungen zumindest in der Akutphase der Therapie eng mit den behandelnden Ärzt*innen, Pflegepersonal und Physiotherapeut*innen abzustimmen. Das Universitätsklinikum Köln bietet deshalb eine direkt in der Klinik stattfindende onkologische Trainingstherapie an. [3] Und natürlich kann kein Patient und keine Patient*in zur Bewegung gezwungen werden. Es kann vorkommen, dass innere Barrieren durch den Schock der Diagnose bestehen, die die Patient*innen von der körperlichen Aktivität abhalten. „Das ist auch persönlich manchmal schwer mit anzusehen, zeigt mir aber, wie wichtig es ist, auch diesen Aspekt zu untersuchen.“, erklärt Steindorf. [7]

Wichtig ist es, die Übungen korrekt und diszipliniert auszuführen, damit sie den gewünschten Effekt erzielen. Je nach Nebenwirkung muss das Therapiekonzept angepasst werden, denn z. B. bedarf ein Patient mit Neuropathie eines gänzlich anderen Trainings als eine Patientin mit Fatigue. An dieser Stelle sei gesagt: körperliche Bewegung ist nicht der Ersatz einer medizinischen Therapie, sondern lediglich eine Ergänzung!

Wie wird trainiert?

Trainingsberatung
Quelle: © Contrastwerkstatt - fotolia.com

Grundsätzlich gilt für Krebspatient*innen dieselbe Empfehlung wie für Gesunde: Pro Woche werden 150 Minuten mäßig anstrengendes Ausdauertraining oder 75 Minuten intensive Bewegung empfohlen. Das ist jedoch bei Krebspatient*innen nicht immer umsetzbar, da der Körper durch die Therapie nicht ganz so fit ist wie der Gesunder. Was zu anstrengend ist und was machbar ist, kann anhand des Parameters der maximalen Herzrate entschieden werden. Wie bei Gesunden gilt auch hier: Eine Belastung zwischen 64 und 76 Prozent der maximalen Herzrate entsprechen einer moderaten Intensität, eine Belastung von 77 bis 95 Prozent der maximalen Herzrate entsprechen einer hohen Intensität [5].

Momentan ist die Kombination aus Ausdauer, Krafttraining und Entspannung zentraler Bestandteil der erforschten Bewegungstherapie. Die aktuellen Empfehlungen lauten: Die Ausdauer soll während einer ambulanten Therapie regelmäßig trainiert werden, insbesondere unter Beobachtung der Herzfrequenz. Die Einnahme von Medikamenten, die diese beeinflussen, sollte allerdings berücksichtigt werden. Bei stationären Therapien, sofern möglich, soll täglich trainiert werden, allerdings in kleineren Einheiten.

Beim Krafttraining geht der Trend dahin, ambulant zwei bis drei Mal die Woche aktiv zu werden, stationär drei bis fünf Mal – auch hier wird wieder Trainieren in kleineren Einheiten empfohlen. Als effektiv hat sich das Training mit Therabändern, Hanteln oder dem eigenen Körpergewicht erwiesen.

Begleitend zum Kraft- und Ausdauertraining werden in vielen Studien häufig Entspannungsübungen, Atemtherapien und Dehnübungen durchgeführt.

Bewegungstherapie und Chemotherapie

In diesem Bereich kann bereits auf zwei große Studien bei Brustkrebspatientinnen zurückgegriffen werden. Die Patientinnen wurden dabei in zwei Gruppen aufgeteilt, von denen die eine ein Training im Kraftraum absolvierte, die andere sich zum gemeinsamen Entspannungtraining traf. „Die Kraftsportgruppe litt signifikant  weniger unter der belastenden Fatigue“, berichtete die am Forschungsteam beteiligte Martina Schmidt der Zeitschrift Einblick. „Das bedeutet eine enorme Verbesserung der Lebensqualität für die Patientinnen während und nach der Therapie.“ [7] 

Bewegungstherapie während einer Strahlentherapie

Krafttraining im Alter
Quelle: © Prostock-studio - fotolia.com

Auch bei der Strahlentherapie wird allen Patient*innen, die dazu in der Lage sind, ein regelmäßiges Training empfohlen. Eine Studie zeigte, dass auch Knochenmetastasen kein Ausschlusskriterium sind, solange diese stabil sind: Das Schmerzniveau war bei der sportlich aktiven Gruppe deutlich niedriger als bei der Kontrollgruppe. Ein weiteres Plus: Die Knochendichte verbesserte sich unter der Bewegung [2].

Bewegungstherapie bei der Hormontherapie

Auch bei Patient*innen, die sich einer Hormontherapie unterziehen, stellt die Bewegungstherapie eine wirksame Methode zur Reduzierung des Erschöpfungssyndroms bei Krebs dar. Auch weitere positive Effekte wurden bei Bewegung unter der Hormontherapie nachgewiesen: Sexuelle Dysfunktionen konnten durch die Kombination von Kraft- und Ausdauertraining in den Griff bekommen werden und auch für kognitive Probleme deutet sich an, dass die Patient*innen von Bewegung profitieren.

Bewegungstherapie in der palliativen Situation

In der palliativen Therapie ist körperliche Aktivität ein bislang stiefmütterlich behandeltes Thema. Dabei zeigt eine erste Studie, dass die körperliche Leistungsfähigkeit der Patient*innen bei regelmäßigem Training zunimmt, die Patient*innen aktiver werden und über ein besseres Gesamtbefinden berichten. Jeder Patient und jede Patientin darf sich bewegen, sofern es ihm oder ihr möglich ist - häufig fehlt nur die entsprechende Motivation.

Ein spezieller Fall: Bewegung bei Kindern und Jugendlichen mit Krebs

Ebenfalls ein spezieller Fall ist körperliche Aktivität bei Kindern mit Krebs. Von großer Bedeutung ist hier der Punkt der Spätfolgen, mit dem die jungen Patient*innen zu kämpfen haben werden. Daher wird bei sportlichen Übungen für Kinder die Qualität des Überlebens, die Verminderung der Spätfolgen und die Förderung eines aktiveren Lebensstils anvisiert. Kinder haben außerdem auf ganz andere Dinge Lust als Erwachsene - auch das sollte bei Bewegungsprogrammen für kleine Krebspatient*innen berücksichtigt werden.

Fachberatung: Prof Dr. Freerk Baumann (Leiter AG Onkologische Bewegungsmedizin)

(jk)

 

Quellen:

[1] Seiffert, Birte:  Sport, Krebs & Prävention: Was körperliche Aktivität tatsächlich bringt. Springer Medizin . Onlineartikel vom 02.03.2018.   https://www.springermedizin.de/dkk-2018/sport-bei-krebspatienten/sport--krebs---praevention--was-koerperliche-aktivitaet-tatsaechlich-bringt/15490860?searchResult=1.sport%20krebs&searchBackButton=true

[2] Vorträge vom DKK der Veranstaltung ‚State oft the Art: Bewegungstherapeutische Interventionenin der Onkologie.‘ Pahl, A.: Bewegungstherapie unter Chemotherapie; Sprave, T.: Bewegungstherapie unter Bestrahlung; Baumann, F.: Bewegungstherapie unter Hormontherapie; Schmidt, T.:  Bewegung und Training in der Palliation; Götte, M.: Sport während der onkologischen Therapie bei Jugendlichen und Kindern.           

[3] Philipp Grätzel von Grätz: Sportprogramm bereits während initialer Krebsbehandlung. Springer Medizin- Online.Artikel vom 26.02.2018. https://www.springermedizin.de/dkk-2018/sport-bei-krebspatienten/sportprogramm-bereits-waehrend-initialer-krebsbehandlung/15490030?searchResult=2.sport%20krebs&searchBackButton=true

[4] Liebram, Claudia: So hilft Sport im Kampf gegen den Krebs. Die Welt. Artikel vom 17.02.2018.  https://www.welt.de/gesundheit/article152342048/So-hilft-Sport-im-Kampf-gegen-den-Krebs.html

[5] Friederike Klein:  Onkologische Bewegungstherapie individuell anpassen. Springer Medizin. Online-Artikelm vom 23.02.2018.  https://www.springermedizin.de/dkk-2018/sport-bei-krebspatienten/onkologische-bewegungstherapie-individuell-anpassen/15485964

[6] Uniklinik Köln: Bewegung und Krebs. https://www.cio-koeln-bonn.de/leben-mit-krebs/sport/bewegung-und-krebs/

[7] Seltmann, Stefanie et al: Einblick. Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg. Ausgabe 2/16.

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 22.11.2022

Mehr zum Thema Sport und Krebs:

Zuletzt aufgerufen am: 28.03.2024 15:56